Autor Thema: Freistadt im Mühlviertel  (Gelesen 1682 mal)

Erich Kykal

Freistadt im Mühlviertel
« am: Juli 03, 2021, 11:14:35 »
Die kleine Stadt in ihrem Mauerkreise,
der ihre alte Mitte noch umspannt,
liegt eingebettet in das Hügelland
wie eine Schlafende und atmet leise

ihr buntes Tägliches durch kleine Gassen,
durch Straßen weiter außen ohne Hast,
denn ihre Dächer tragen keine Last
von großen Taten oder Menschenmassen.

So geht sie unberaubt durch die Geschichte,
verwandelt sich und bleibt sich dennoch treu,
wird aus dem Alten immer wieder neu
und trägt sich durch Gedanken und Gedichte.



https://www.google.com/search?q=freistadt+o%C3%B6+sehensw%C3%BCrdigkeiten&client=firefox-b-d&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=2ahUKEwjMr97e2d_xAhUFg_0HHdASB4UQ_AUoAnoECAEQBA
« Letzte Änderung: Juli 13, 2021, 11:11:21 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #1 am: Juli 03, 2021, 21:02:16 »
Wunderschön, lieber Erich,

die schlafende Stadt-Person im Landschaftsbett, deren Atmen einen noch überschaubaren Verkehrsfluss in alten Gassen und neuen Straßen ausmacht. Sie bewahrt den historischen Kern, hat keine große geschichtliche Bedeutung erlangt, aber auch keine Bürde vergangener großer Untaten zu tragen.

Sympathisch, wie sie dort liegt und zu Gedichten inspiriert.

Sehr gern gelesen.

Grüße von gummibaum


 


Erich Kykal

Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #2 am: Juli 03, 2021, 21:17:36 »
Hi Gum!

Vielen Dank - du kennst ja die "besungene" Stadt von unseren Dichtertreffen.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #3 am: Juli 12, 2021, 14:29:24 »
Hi eKy!

Das ist ein schönes, ja inniges, Lied auf eine kleine Stadt und man merkt dem Tonfall des Gedichts die Vertrautheit mit diesem Ort an. Das liest sich wirklich sehr schön und erhebend für mich, bis auf zwei kleine Stolperstellen. :)

- "ihr buntes Tägliches": Ich bin nie ein Freund ungebräuchlicher Substantivierungen von Adjektiven. Das Schöne, das Gute und das Kleine Schwarze lass ich mir gerne gefallen, aber "das Tägliche" klingt für mich mühsam präpariert und durch die Erweiterung mit einem zusätzlichen Adjektiv wird es für mich noch sperriger. Natürlich ist es nicht falsch, aber - zumindest für mich - klingt es unschön.
- "durch Straßen weiter außen ohne Hast": Abgesehen davon, dass der Bezug von "weiter außen" beim ersten Lesen für mich etwas unklar war, ist die Information, dass im Ortskern des Städtchens Gassen und weiter außen normal breite Straßen das Bild beherrschen etwas nichtssagend. Eigentlich kommt es doch in der Zeile auf die fehlende Hast an. Ob sich diese fehlende Hast wirklich auch in normalen Straßen beobachten lässt (sind in Freistadt auch die peripheren Anschluss- und Umgehungsstraßen verkehrsberuhigt?) ist für das Gedicht m. E. nicht so relevant.

Und jetzt haben meine Mäkeleien wieder viel Platz eingenommen und drohen das mit voller Überzeugung angestimmte Lob zu verdängen - da muss ich also doch noch mal ein Schleifchen meiner Leseerfreunis anschließen, um die Verhältnisse wenigstens in Teilen wieder ins rechte Licht zu rücken! :)

Zu diesem Behufe will ich also zum Abschluss vielleicht noch auf die besonders sangliche Sprachstruktur des Gedichts hinweisen. Die Zeilen würden sich hervorragend für eine Vertonung eignen (ich sprach eingangs schon von einem "Lied"). Und ich glaube, es gibt drei ziemlich einfache Mittel, um einem Text "Sanglichkeit" zu verleihen, die man hier schön studieren kann:

1) Das Metrum muss regelhaft sein (das wird Dich freuen, eKy! :) ), präferentiell ein Jambus oder Trochäus, weil die im Deutschen viel einfacher zu singen sind als Metren mit Doppelsenkungen
2) Die Zeilenlänge muss einen gewissen melodischen Bogen erlauben (darf also nicht zu kurz sein), sie darf aber auch den Atem des Sängers nicht überfordern (also auch nicht zu lang): Vier- und fünfhebige Metren dürften hier für den Durchschnittssänger das optimale Maß darstellen.
3) Jetzt kommt etwas, das klingt ein bisschen seltsam, ist aber m. E. ungemein wichtig: Es müssen längere Wörter vorkommen (drei, vier und fünfsilbig - noch länger wird wieder mühsam). Dieser letzte Punkt mag etwas provokant oder lustig klingen, ich meine das aber ganz ernst. :) In vielen, ganz regelmäßig gebauten Gedichten leidet die Sanglichkeit daran, dass fast nur ein- und zweisilbige Wörter (und vielleicht noch ganz wenige dreisilbige) benutzt werden. Das führt aber dazu, dass Jamben oder Trochäen überhäufig mit dem jeweiligen "Wortmetrum" zusammenfallen, was die Sprache leiernd klingen lässt und sich bei Vertonung allenfalls für Marschmusik eignen würde. Man achte mal hier in eKys Gedicht darauf, wie die Wörter "Mauerkreise", "eingebettet" oder "Menschenmassen" zu einer Belebung der jeweiligen Zeilen beitragen. Wer schön vertonbare Liedtexte schreiben möchte, merke sich diesen sehr einfachen Trick. :)

LG!

S.

Erich Kykal

Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #4 am: Juli 12, 2021, 17:51:03 »
Hi Suf!

Vielen Dank für Lob und Gedanken. Im Gegensatz zu dir stört mich das "Tägliche" oder andere Substantivierungen eigentlich gar nicht, für mich veredeln sie die Sprachanmutung sogar, da sich im "normalen" Sprachgebrauch kaum noch jemand solcher Besonderheiten befleißigt (oder, und darin liegt die Crux, sich überhaupt noch zu befleißigen VERMAG!).

Deine Tipps zur "Sangbarkeit" sind gut nachvollziehbar. Die längeren Worte ersparen Pausen (so minmal sie auch sein mögen), die - gerade im prägnanten, ausdrucks- und betonungsstarken Deutschen - den Sprachfluss unterbrechen und segmentieren, was die frei fließende Satzmelodie behindert. Viele kurze Wörter = viele Minipausen.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Rocco

Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #5 am: Juli 12, 2021, 19:54:53 »
Hallo Erich,

wer sich wandelt, bleibt sich treu. Und das auf eine Stadt bezogen, ist originell.

Ich kann mir das Gedicht gut auf einem Kalender vorstellen. Mir fällt spontan Frühling ein. Also: April, Mai.

Einen schönen Abend

Rocco
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

Erich Kykal

Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #6 am: Juli 13, 2021, 11:09:06 »
Hi Rocco!

Danke für Lob und das originelle Kalenderbild. Ich bin sicher, es gibt einen Bildkalender extra mit Bildern von Freistadt im Wandel der Jahreszeiten. Der historische Stadtkern mit streckenweise noch intakter Burgmauer und vielen Türmen, die Burg mit dem mächtigen Bergfried, der historische große Hauptplatz aus der Barockzeit, die martialischen Tore, der breite Stadtgraben rundherum, der früher mit Wasser gefüllt war ... - das gibt was her!

Kannste ja mal googeln bei ausreichendem Interesse. Ich wohne keine 10 km weiter. Oder du nimmst diesen Link:

https://www.google.com/search?q=freistadt+o%C3%B6+sehensw%C3%BCrdigkeiten&client=firefox-b-d&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=2ahUKEwjMr97e2d_xAhUFg_0HHdASB4UQ_AUoAnoECAEQBA

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juli 13, 2021, 11:11:49 von Erich Kykal »
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Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #7 am: Juli 14, 2021, 10:50:54 »
ein schönes Bild, Erich . Ein Ort, wo man gerne mal wäre. LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Freistadt im Mühlviertel
« Antwort #8 am: Juli 14, 2021, 13:27:49 »
Danke, liebe Agneta!

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LG, eKy
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