Fragen der Liebe

[Erich Kykal]

Wer sind wir, wenn wir aufeinander warten,
verletzlich, weich und ohne Fundament,
an dessen Schwere man sich wiederkennt,
an all den Winkeln und den dunklen Scharten?

Wer sind wir, wenn Gefühle Salti schlagen,
ganz ohne Netze, und das Publikum
geordneter Gedanken neigt sich stumm
vor Kapriolen, die sie niemals wagen?

Wer sind wir, wenn wir unverhohlen lieben,
entmündigt von des Rausches Niederkunft,
Verlorene des Glaubens an Vernunft?

Und ist vom Taumel nichts zurückgeblieben,
wer sind wir, wenn wir keinen Tag bereuen,
uns dennoch halten und aus Halt erneuen?

[cyparis]

Lieber Erich -


ich habe das dumpfe Gefühl, daß Du hier mit einer gewissen Distanz oder gar innerlich unbeteiligt gedichtet hast.
Auf mich springt kein Tropfen Herzblut über.
Oder ich lese aus den Versen nicht das heraus, was Du hineingelegt hast.

Verwirrten, aber sehr herzlichen Gruß
von
Cyparis

[Erich Kykal]

Hi, Cypi!

Es funzt eben nicht für alle, und nie für alle gleich! Mach dir keinen Kopf, vielleicht warst du auch grade nicht in der richtigen Stimmung oder im richtigen geistigen Modus dafür. Anderswo wurde gerade dieses Sonett besonders gelobt, und auch mir gefällt es, aber das will nichts heißen - unsere Wahrnehmung ist stets subjektiv und selektiv.
Lies es vielleicht ein andermal erneut, und wer weiß - vielleicht findet es dann mehr "Grip" auf deiner Seelenzufahrt...

LG, eKy

[Daisy]

Hallo Erich,

wer könnte schon die Liebe und alles, was wir im Zusammenhang mit ihr empfinden, erklären!
Verfangen in Gefühlen kann es geschehen, sich in sich selbst zu verlieren und sich ständig wie in einem Irrgarten zu bewegen, ohne jemals hinauszufinden.
In Fragen der Liebe kann wohl jeder nur versuchen, die für sich selbst passenden Antworten zu finden.

Auf mich wirkt dieses schöne Sonett sehr berührend und ausdrucksstark!

LG Daisy

[Erich Kykal]

Hi, Daisy!

Vielen Dank für's Mitempfinden! Auch wenn mir das Geschenk einer solchen Partnerschaft nie zuteil wurde und ich sie mittlerweile auch kaum mehr ersehne, verstehe ich doch die grundlegenden emotionalen Mechanismen des sozialen Miteinanders zweier Menschen.

LG, eKy

[gummibaum]

Hier überwiegen, nicht nur der Überschrift, auch der Unbegreiflichkeit der Liebe wegen, die Fragezeichen.  Eine Antwort zu geben, hieße, das Thema verfehlen. Gedicht trifft durch Offenlassen ins Schwarze.

Sehr gern gelesen.

[Erich Kykal]

Hi, Gum!

Vielen Dank für deinen Zuspruch! Meine einzige tief empfundene Liebe blieb bedauerlicherweise unerwidert, aber ich freue mich, daran nicht verbittert zu sein - dazu war mein Abstand zum Menschenspiel letztlich zu groß.
Das Gedicht beschreibt das Sichfallenlassen in eine emotionale Beziehung, die Conclusio jedoch beschwört das Zueinanderhalten, das Sich-weiter-erfahren-Wollen auch nach dem Verfliegen dieses Rausches der Verliebtheit: Ein Bündnis von Dauer und Bestand.

LG, eKy

[wolfmozart]

Hallo Erich,

Dass du das Handwerkliche sehr gut beherrschst, hab ich schon feststellen können.

Dieses Werk trägt zusätzlich eine tiefe Lebensweisheit in sich, und zeugt auch von einer tiefen Lebenserfahrenheit.

Ein Gedicht, das schön war zu lesen.

Liebe Grüße

wolfmozart

[Erich Kykal]

Hi, WM!

Naja, das mit dem Handwerklichen ist übertrieben: Ich bin im Grunde ein Gespürdichter mit leidlich gutem Ohr für Sprachmelodie und etwas Rhythmusgefühl. Ich kenne nicht viele Fachtermini und könnte bis heute nicht benennen, was zB einen Daktylus von einem Trochäus unterscheidet - einfach, weil mich die ganze Nomenklatur schlicht nicht interessiert. Natürlich bleibt nach Jahren in den Foren einiges hängen, aber im Detail bin ich ein Laie! Wirklich Bescheid weiß ich nur über Sonette und Rilke's Schaffen.

Aber vielen Dank für deine freundlichen Worte!

LG, eKy

[cyparis]

 Ich bin im Grunde ein Gespürdichter mit leidlich gutem Ohr für Sprachmelodie und etwas Rhythmusgefühl

Gestatten der Herr, daß ich lachend mein altes Haupt schüttle?

[Erich Kykal]

Mein altes Dilemma! Gemessen an meinen Werken und meinem gescheiten Dahergerede traut mir eben keiner soviel Unwissenheit zu, wie nun mal vorhanden ist!

[cyparis]

Ich sammle für einen Scheffel!

[Erich Kykal]

Für meine Funzel reicht ein Fingerhut!