Autor Thema: Morgenlied (in memoriam RMR)  (Gelesen 1188 mal)

Erich Kykal

Morgenlied (in memoriam RMR)
« am: September 21, 2016, 08:52:45 »
Ein Dunkel hält uns sanft geborgen,
der Morgen scheint so ferne noch.
Ich fasse zweifelnd in die Kühle
und fühle dort die Frühe doch.

Ich halte dich mit bangen Armen
Erbarmen heischend an mir fest,
wohl wissend, dass dein Fortverlangen
mit Bangen sich nicht wenden lässt.

Im fernen Ost besäumt ein Glühen
das Mühen schon der Nacht um Zeit.
An blauen Morgenmolen sterben
die Scherben meiner Seligkeit.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #1 am: September 21, 2016, 13:07:52 »
lieber erich,

trübes morgenlied, das end - und binnenreim wechseln lässt. ziemlich speziell!

sehr gern gelesen.

lg g

Erich Kykal

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #2 am: September 21, 2016, 13:37:54 »
Hi Gum!

Das Lied von jemandem eben, der die Liebste/den Liebsten verlassen muss am Morgen ...

Ist ein älteres Dingens, du findest es in "Weltenwege". Hab aber festgestellt, dass ich es hier nie gepostet hatte.

Es freut mich, dass es dir gefällt - ich halte es immer noch für eins meiner Glanzstücke!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Curd Belesos

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #3 am: September 27, 2016, 00:53:28 »
- ich halte es immer noch für eins meiner Glanzstücke!

Lieber Erich,

da bin ich ganz und gar deiner Meinung, ein Glanzstück.

Einen begeisterten Gruß

von Curd.
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Erich Kykal

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #4 am: September 27, 2016, 21:47:39 »
Hi Curd!

Vielen Dank für die Blumen - ich schnuppere immer wieder gern an so einem wundervollen Arrangement!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #5 am: Oktober 04, 2016, 14:26:31 »
Lieber Erich,

die endliche Morgenstimmung schön in Bilder gefaßt - das schnuppert nach Natur.
Die blauen Morgenmolen, an denen Scherben sterben - sehr expressionistisch!
Dein Glanzstück?

Dann muß ich es noch ein paar mal lesen, denn ich wurde nicht trunken.

Lieben Gruß
von
Cypi
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #6 am: Oktober 25, 2022, 19:43:45 »
Das Werk lebt vom Gleichklang der Binnenreime. Die Struktur ist wie folgt:

AaBCcB

Falls das so noch keiner gebracht haben sollte: Meine Erfindung damals.  :) ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #7 am: Oktober 27, 2022, 14:05:18 »
Hi eKy!
Das war ein guter Einfall von Dir, dieses formspannende und -idable Werk ein wenig Gegenwartsluft schnuppern zu lassen!
Wer mit RMR gemeint ist, kann sich jeder leicht denken, der Deine poetologischen Vorlieben kennt... und Rilke hat, man denke an den ewigen Panther, ja gerne Reimwörter effektvoll in enge Nachbarschaft gerückt ("als ob es tausend Stäbe gäbe"), aber gibt es denn von ihm ein Gedicht, welches für Deine spezielle Erfindung einen Vorbildcharaker hat?
Ansonsten ist das Morgen- oder Tagelied (auch als Alba oder Aubade bezeichnet) ein wirklich altehrwürdiger und doch immerjunger lyrischer Dauerbrenner. Erste Vertreter sind spätestens aus dem Jahre 1000 überliefert (in Wahrheit lassen sich aber  durchaus weitaus ältere "Vorläufer" finden) und noch in der zeitgenössischen Lyrik finden wir Vertreter, bei Durs Grünbein etwa.
Mein einziger Minieinwand zu Deinen wirklich schönen Zeilen betrifft die Scherben, die sich aus Reimgründen vom Sterben bedroht sehen (letzte Strophe), was als Bild ein kleines bisschen Grenzwertig (für mein Liking ist), da eine Scherbe als unbelebter Gegenstand mit dem Sterben doch eher nix am Hut hat. Vielleicht wäre ein Austausch von Scherben gegen Erben eine Idee (die Erben treten zwar im Zusammehang mit dem Sterben klassischerweise in durchaus lebendiger Form auf, aber sie sind doch zumindest potentiell auch vom Dahinscheiden bedroht). :)
Sehr sehr gerne gelesen!
S.

Erich Kykal

Re: Morgenlied (in memoriam RMR)
« Antwort #8 am: Oktober 27, 2022, 18:46:23 »
Hi Suf!

Ich weiß nicht, was am Bild, dass einem die Erben sterben, so viel besser sein soll ...  :'(

Im Gegenteil: Meine Scherben meinen ja, dass meine Seligkeit mit dem Morgen zerbrochen ist, der mich des geliebten Wesen beraubt. Dass sie dann auch noch als einzelne Scherben sterben, quasi sich, wie die Morgenmolen andeuten, im ersten Licht auflösen, ist für mich bei weitem leichter verkraftbarer, als wenn Erben sterben, denen man gemeinhin emotional viel verbundener ist, und die einen, so der Sinn der Sache, ja eigentlich überleben sollten. Soweit meine Gedanken hier.  O0

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.